Frauentracht


Die Bluse und das Unterzeug

Die Bluse der Deandl und Frauen ist aus weißem Batist für die Festtracht. Früher gab es noch Leinenblusen für Werktags, ohne Verzierungen. Die Schulternähte werden jetzt oft mit rotem, sogenanntem Bäumchenmuster verziert und die Ärmelkanten mit schmalen Borten und Rüschen aus Spitzen. Die Ärmel sind ¾ lang und sehr bauschig. Diese Bluse wurde auch als Halskittel bezeichnet. Auch die Schürzen der ledigen Deandln sind aus weißem Batist oder leichtem Leinen genäht. Für die Schürzenbänder verwendet man breite, bunte Borten oder hellblaue Bänder aus Moirée. Das Unterzeug der großen und kleinen Ampertalerinnen ist weiß und mit weißer Spitze und roten Bändern am Knie verziert.

Der Boinkittl

Der Dachauer Boinkittl, auch Tragmiederrock genannt, ist einzigartig und „pfundig„. Wer ihn einmal stundenlang in großer Sommerhitze getragen hat oder gar damit getanzt hat, der weiß von was die Rede ist. 15 Pfund und mehr bringt dieses Schwergewicht auf die Waage. (7,5 bis 8m schwarzer Wollstoff in 90 Falten gelegt). Das man so einen „Pfundsrock“ nicht einfach kaufen kann ist verständlich. Der Stoff wird geschnitten, 4 oder 5x die fertige Rocklänge bei 1.50 m Stoffbreite. Nach dem zusammennähen bekommt der Rock unten einen roten oder gelben 1-2 cm breiten Stoß aus dünnem Wollstoff, rechts angesetzt und nach links umgeschlagen. Der Stoff wird auf einem großen Tisch ausgebreitet und nun folgt eine exakte Vorzeichnung und Einteilung der Falten. Gleichmäßig werden sie dann zusammengeschoben und vernäht. 4 x an den vorgezeichneten Linien quer über den ganzen Stoff von 7,50 m Breite. Jede der 4-5 cm tiefen Falten wird mit Spagat, also Hanfschnur, festgenäht. Besonders die unterste Reihe hat es in sich. 7 Lagen Wollstoff müssen bei jedem Stich durchbohrt werden. Außerdem muss jede waagrechte Naht anders bearbeitet werden. Unten muss zwischen jede Falte noch ein Finger passen. Die oberste, vierte Naht ist so eng, dass sie fast schon der Taillenweite der späteren Trägerin entspricht. In der Mitte vorne bleibt ein 20 cm breiter Streifen ohne Falten, damit man besser gehen kann und er dient als Ausgleichsstück, wenn die Trägerin einmal ein wenig dicker werden sollte. Dann ist es endlich soweit, der Rock ist fertiggenäht. Er wird hochgehoben und geschüttelt und siehe da, die Stehfalten fallen wunderschön in ihre typische Form. Der Rock muss unten nach außen schwingen und nicht wie ein Butterfass nach innen fallen. Oben steht immer noch ein etwa 15 cm breiter Rand über, der nun gerollt wird. Früher wurde hier Flachs, Schafwolle oder Flicken eingearbeitet. Der dadurch entstehende Wulst muss nun wieder Falte für Falte links angenäht werden. Dieser Hüftwulst verleiht später seiner Trägerin ein rundes stattliches Aussehen. Es gehört schon viel Liebe zu Tracht und Tradition dazu, diesen Rock zu tragen. Wenn man aber mehr über die Herstellung und Kostbarkeit dieser Tracht weiß, oder gar selbst eine eigene im Schrank hängen hat, kann nachfühlen, wie stolz die Trägerinnen früher auf ihre Kleidung waren. Ein wenig wollte man schon zeigen wer man war und was man sich leisten konnte. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das oben angenähte Mieder mit der prächtigen Borte, dem schön verzierten Spiegel am Rückenteil, der breiten Verschnürung und dem mit Gold und Silber reich bestickten Vorstecker, blitzt und glänzt. Von Dachau bis Landsberg war der Rock früher das Festgewand der Bäuerinnen. Im Dachauer Raum hat er sich am längsten erhalten und wird jetzt von den Mitgliedern des Trachtenerhaltungsvereins D’ Ampertaler in Ehren gehalten. Der ungewöhnlich aussehende Tragmiederrock prägt das Erscheinungsbild der Dachauer Frauentracht, das selbst ein nicht so guter Trachtenkenner weiß „die Dachauerinnen kommen“. So trägt der Rock auf liebenswerte Weise dazu bei, unsere Dachauer Tracht weit über unsere bayrische Grenze hinaus bekannt zu machen.

Der Goller

Der Goller ist meist aus derselben Seide wie die Schürze. Er ist mit Gold- oder Silberborten eingefasst und wird vorne mit Häkchen geschlossen. Eine schmale Borte oder eine Erbskette unter den Armen hindert den Goller am Verrutschen. Vier Silberknöpfe zieren den vorderen, unteren Rand. Er ist bei Dirndln und Frauen gleich genäht. Der Goller hatte die Funktion, den Ausschnitt zu verhüllen.

Die Schleifenhaube/Stickereien an der alten Dachauer Tracht

Die Haube der kleinen Dirndln ist aus weißem Batist. Den vorderen Rand schmückt eine schöne Spitze. Darunter hält ein rotes Band die Haare fest. Ein hellblaues Moireeband, zu einer Schleife gebunden, bildet den Abschluss. Die Haube der erwachsenen Frauen ist genauso geschnitten, aber aus schwarzem Jacquard. Den Haubenboden ziert eine meist aufwendige Blattstickerei (in Sprengtechnik).

Der Spenzer und die Schürzen

Einen Spenzer haben nur wenige der kleinen Deandln an. Als Notlösung dient eine einfarbige Strickjacke. Bei den Frauen sind Schürzen und Spenzer aus demselben Stoff genäht. Der Grundton ist dabei dunkel oder schwarz, in Seide oder Halbseide, mit kleinen Blumen, Streifen oder Karos in mehreren Farben gehalten. Die halbrunden Vorderkanten der Jacke sind mit Fältchen unterlegt und eng mit Silberknöpfen bestückt. Sie ist sehr kurz, damit man die schöne Stickerei auf dem Mieder sehen kann. Die langen, engen Ärmel, vorn wieder mit Fältchen, sind an den Oberarmen gebauscht und mit Flies unterlegt. Die Jacke für den Winter hatte früher wattierte, gewaltige Schinkenärmel. Der Spenzer für den Sommer war bestimmt dünner und leichter. Geschlossen wird die Jacke mit einer silbernen Schließe. Für die Schürzen der Frauentracht braucht man zweimal die Rocklänge. Die Fältchen werden von Hand gestiftelt. Die Schürze soll so groß sein, dass sie fast den Boinkittl verdeckt, nur auf der Rückseite sind gut zwei handbreit Falten zu sehen. Die Bänder zur Schürze bestehen aus gefütterten, breiten Seidenborten. Die Enden zieren wieder genähte Rosetten oder Goldborten. Im Trauerfall sind Schürze und Bänder schwarz.

Die Florschnoin, Spenzerschließn, Miederhakerl und Silberknöpf

Jetzt fehlt noch der Schmuck, die silberne Florschnoin. Sie ist bei Deandln und Frauen gleich gestaltet, nur die Größe variiert erheblich. Ein rechteckiges, schwarzes Stück Seidenflor wird zu einem schmalen Band gefaltet, zweimal um den Hals geschlungen und vorne mit der Silberfiligranschnoin geschlossen. Rechts und links neben der Schnoin bilden Riegel mit Blattstickerei den Abschluss. Manche Schnoin waren so groß, dass die Trägerin den Kopf nicht mehr bewegen konnte. „Schönheit muss eben leiden“, sagt ein altes Sprichwort. Die kleinen Dirndln tragen auch schon winzige Florschoin oder zwei schöne Knöpfe auf dem Florband. Schließn und Silberknöpf verzieren den Spenser. Die Miederhakerl sind nicht so aufwendig, da sie bei der Dachauer Tracht fast unsichtbar innen am Mieder festgenäht sind. Dann haben wir noch den „Goller-Boin“. Das ist ein kleiner Anhänger gestaltet wie ein Tannenzapfen oder eine durchbrochene Filigranarbeit. Der „Boin“ hängt heute am Mieder. Manche Ampertalerinnen tragen stattdessen eine kleine Uhr an einem kurzen Ketterl. Und im Korb liegt noch eine Kostbarkeit, der Rosenkranz. Bestehend aus kleinen Filigrankugerln und einen schönen Kreuz.

Der bestickte Stiefelhansl (Vorstecker) und der Spiegel auf dem Miederrücken

Der Spiegel auf dem Miederrücken sowie der „Stiefelhansl“ sind wie bei der Schleifenhaube mit goldener und silberner Sprengstickerei verziert. Dazu werden alte, überlieferte Motive verwendet. Für den Stiefelhansl wird der fertig bestickte meist schwarze Stoff mit Gold- und Silberborten eingefasst und auf einen schildförmigen Karton aufgezogen. Der verwendete Karton ist so steif und fest, dass der Vorstecker seiner späteren Trägerin eine platte Vorderseite beschert. Das ist wohl ein Überbleibsel der ehemals sehr strengen Kleiderordnung. Um Kosten zu sparen kann auch bunter Stoff zum Bezug des Stiefels verwendet werden, der mit schönen Borten verziert wird.

Weißblaue Schönheiten, die Strümpfe

Bei Trachtenumzügen in Südbayern, die meist an heißen sonnigen Tagen abgehalten werden, fallen die dicken handgestrickten Strümpfe der Teilnehmerinnen besonders in Auge. Da hört man dann sehr oft den erstaunten, spöttischen Ausruf :„Ui schau wos hom den de für Schuha und Strümpf o“! Gemeint sind dann die Dachauerinnen. Ihre Füße stecken in schwarzen, flachen, rotverzierten Schuhen und hellblauen, schwarz – weiß verzierten Strümpfen, die es allerdings verdienen genauer betrachtet zu werden und der zweite Kommentar der Zuschauer ist dann oft:“ Ui san de schee“. Und das sind sie auch. Kein Ornament gleicht dem Anderen. Wenn das Muster nicht überladen ist, kann man auch noch lila, grüne oder rote „Dipferl“ einsticken. Schön harmonisch muss alles bleiben. Ein Strumpf hat Längsnähte und jeden Zwischenraum füllt ein eigenes Muster. Der weiße Frauenstrumpf, diese Kostbarkeit ist auch weiß bestickt und gehört zur alten Dachauer Brauttracht. Beim Besticken der Frauenstrümpfe kommt man aus dem zählen und Rechnen nicht heraus. Denn alle Exemplare haben eine schöne Form und lassen sich ausgezeichnet tragen. Nichts darf zwicken oder rutschen. Zwischen den vielen Kostbarkeiten liegt noch eine Rarität, ein Strumpf mit Lochmuster. Den zu stricken und zu sticken ist die größte Herausforderung.

Die Doschenschuhe

Die kleinen Deandln haben meist noch keine Doschenschuhe an. Sie würden zu schnell „drauswachsen“. Aber die Frauen sind alle stolz auf ihre einmaligen Doschenschuhe, leicht zu bekommen sind sie nicht. Es sind schwarze Halbschuhe mit einem roten Lederband eingefasst. Auf der Schuhspitze sitzt ein schwarzer „Doschen“.
(Übrigens: Doschen sind Fransen)

Körbe, Taschen und Schirme

Zur vollständigen alten Dachauer Frauentracht gehört so manches Zubehör und Drumherum, das man nicht so einfach kaufen kann, das aber den Wert der Kleidung beträchtlich erhöht. Ein Tragekorb gehört dazu. Der Tragekorb der Bäuerinnen war schön bunt bemalt oder mit Leder bezogen. Manchmal wird der lederüberzogene Korb als Hochzeitskorb bezeichnet. Manch lederbezogene Korb zur alten Dachauer Frauentracht offenbart bei näherem Hinsehen, oft noch weitere interessante Einzelheiten, z.B. bunte Steine, Spiegel oder in Leder eingefasste goldene Gläser. Dazu werden in die kleinen Scheiben aus Dünnglas christliche Symbole oder Motive eingeritzt und vergoldet.

Das erneuerte Dirndl

1920 fing Prof. Hermann Stockmann an, die alte Dachauer Tracht aus ihrem Dornröschenschlaf zu holen, da sie aus Stadt und Land verschwunden war. Er sammelte ganze Trachten oder zu mindestens Trachtenteile. Im Umland war der Wert dieser Kleidung sehr gesunken. Die Samtweste war noch beliebt, aber alles andere trug man höchstens im Fasching. Schon damals kam man auf den Gedanken, die Frauentracht neu zu gestalten, um sie tragfähiger zu machen.1934 wurde in Zusammenarbeit von Prof. Hermann Stockmann und hiesigen Trachtenschneiderinnen eine neue Tracht entworfen und beim Lerchenberger ausgestellt. Großen Anklang fand sie anscheinend nicht, bei Festlichkeiten wurde von den Ampertalerinnen immer die alte Festtracht angezogen. 1936 und 1939 unter Führung der NS-Herrschaft gab es erneut eine Neugestaltung der Frauentracht.1940 bei einer Veranstaltung der KdF traten die Frauen in der neuen Dachauer Tracht auf. Dieses Gwand war schmucklos und einfach ein Dirndl eben. Die Männertrachten blieben von diesen ewigen Erneuerungen vorerst verschont. Nach 1945 hatte man andere Sorgen, nun war man froh wenn es überhaubt für ein Trachtengwand Stoff zu organisieren gab. 1952 hatte man sich soweit erholt, dass wieder an eine Neugestaltung der Tracht gedacht wurde. Unter Mitarbeit von Bezirksheimatpfleger Paul-Ernst Rattelmüller wurde eine leichte Tracht für Männer und Frauen genäht. Sie wurde im Heimatmuseum ausgestellt. Die Begeisterung hielt sich wieder in Grenzen. Nur die Knabenkapelle konnte sich dafür erwärmen und trägt seitdem bei Veranstaltungen diese Tracht und sie schauen sehr gut damit aus. Aber bei den Ampertalern tat sich auch etwas. Die Männertracht blieb wieder unverändert schneidig. Die Frauen ließen sich nach dem Vorbild der alten Tracht einen schwarzen plissierten Rock nähen. Das Mieder hatte den gleichen Schnitt wie die Alte Tracht. Anfangs waren die Goldborten der Verzierung noch einfach und schmal. Jetzt sind breit und bunt und der alten Tracht sehr angepasst. Dazu trägt man eine weiße Bluse mit bauschigen Ärmeln und Spitzenkragen und eine kleine Florschnalle. Spenser und Schürze aus Seide sind der alten Tracht sehr ähnlich. Weiße Strümpfe und Doschenschuhe oder andere Trachtenschuhe gehören dazu. Mit einer Kopfbedeckung würde daraus eine Tracht. Die Familie Eder und Hedi Heres von der Thoma-Gemeinde waren die Vorreiter. Dieses Dirndl wird in Dachau und im ganzen Landkreis bei Festlichkeiten gern getragen.